„Es gibt gerade einen Umbruch im Webdesign“, sagt Dr. Gabriel Rausch, Professor für Interface Design an der Hochschule Furtwangen. Wie der aussieht und welche Entwicklungen Sie nicht verpassen sollten.
Vom Realismus zum Minimalismus
Ursprünglich war Webdesign sehr an der Realität orientiert. Ein Button sollte aussehen wie eine Schaltfläche mit Schatten und Verläufen. Dieses sogenannte skeumophistische Design wurde abgelöst vom Flatdesign. Das war teilweise so minimalistisch, dass die Nutzerfreundlichkeit litt. Es war nicht mehr zu erkennen, was klickbar ist und was nicht.
Material Design
Dieses Problem rückte beim Material Design in den Fokus. Im Material Design gilt zwar immer noch der Minimalismus des Flat Designs, Effekte wie Animationen und Schatten werden jedoch gezielt eingesetzt, um die Nutzererfahrung zu verbessern.
Zurück zu noch mehr Realität
Anfang 2020 kam ein neuer Design-Trend auf: der sogenannte Neumorphismus. Ein neuer Skeumorphismus, der Material Design noch näher an die Realität zurückführt. So sind Schatten sanfter und Ecken häufig abgerundet. Auch Transparenz ist ein wichtiges Element. Die Oberfläche wirkt dreidimensionaler, so als würde sie aus dem Hintergrund hervortreten. Ein Nachteil davon: Das Design ist für Personen mit Sehschwäche wenig geeignet und auch in der technischen Umsetzung zeigten sich Problemen bei der Zugänglichkeit und Flexibilität.
Transparenz und Farbe
Der neueste Trend ist der sogenannte Glasmorphismus. Auf Hintergründen mit knalligen Verläufen schweben Karten mit den Inhalten. So sind bessere Kontraste vorhanden und über Transparenzen entsteht ein glasähnlicher Look. Beispiele hierfür finden sich aktuell hauptsächlich bei den Betriebssystemen z.B. Apples BigSur oder Microsofts Windows.
Offline-Support und Benachrichtigungen
Eine weitere wichtige Entwicklung ist, dass sich Web-Anwendungen mehr am Betriebssystem orientieren. „Offline-Support, bei dem Anwendungen auch ohne Internetverbindung funktionieren oder auch, dass der Nutzer Benachrichtigungen von einer Website erhalten kann, obwohl der Browser geschlossen ist.“, nennt Gabriel Rausch als Beispiele. So muss sich der Nutzer auch keine App mehr installieren sondern kann die gleiche Funktionalität durch Aufruf der Webanwendung im Browser nutzen.
3D und hochauflösende Bilder
Eine Entwicklung, die kleinere Unternehmen im Auge behalten sollten, um sich vom Wettbewerb abzuheben, ist die technisch höhere Qualität von Bildern und die Möglichkeit 3D-Modelle im Browser darzustellen. „So können z.B. 3D-Ansichten von Produkten gezeigt werden oder der Architekt kann die Innenansicht eines Hauses ermöglichen.“
Das Internet wird unsichtbar
„Was spannend wird ist auch, wie Ubiquitous Computing unser Leben verändert“, so Gabriel Rausch – wenn uns Computer also unsichtbar im Alltag begleiten wie bei Wearables. „Über ein kleines Bändchen am Arm bekomme ich z.b. eine andere Art an Feedback.“, erklärt Gabriel Rausch. Auch die Rückkanäle verändern sich – wie es ja jetzt mit Sprachsteuerung bereits der Fall ist.
Stirbt die klassische Website aus?
„Nein“, meint Gabriel Rausch. „Web User Interfaces sind wichtig und bleiben. Es ist aber wichtig, im Auge zu behalten, welche alternativen Kanäle es gibt und wie sie uns im Alltag begleiten.“
Dr. Gabriel Rausch ist Professor für Digitale Medien, insbesondere Interface Design, an der Hochschule Furtwangen. Er hält unter anderem die Vorlesung „Entwicklung interaktiver Anwendungen“ und versteht sich als Brückenbauer zwischen Design und Technik. Mit ihm habe ich für diesen Artikel über aktuelle Entwicklungen im Internet gesprochen.